Die Clusteranalyse ergab 6 Baumartengruppen mit je ähnlichen Präferenzprofilen. Auf hohem Niveau trennte das Verfahren die großflächig vorherrschenden Baumarten des zonalen Schlusswaldes hier angeschlossen Fraxinus excelsior und Ulmus glabra - auf der einen von den Spezialisten auf der anderen Seite (Abb. 2). Aufgrund hoher Unähnlichkeit der Präferenzprofile wurden die extremen Pioniere von den übrigen Spezialisten, sowie innerhalb der Schlusswaldgruppe die Ubiquisten Picea und Acer pseudoplatanus von den Schattbaumarten getrennt. Von den verbleibenden Spezialisten trennten sich die Nadelbäume, von den dann verbleibenden Sorbus aucuparia auf Grund unähnlicher Präferenzprofile ab.
Abb. 2: Dendrogramm der auf Basis der Präferenzprofile für Licht errechneten Baumartengruppen.
Fig. 2: Dendrogram of tree species clusters based on preference profiles for light.
Die Schlusswaldbaumarten der Fagus sylvatica-Gruppe kommen als Baum und als Unterwuchs bevorzugt in Beständen mit mL < 5 vor. Neben den klassischen Schattbaumarten Fagus und Abies werden Fraxinus excelsior und Ulmus glabra dieser Gruppe zugeordnet.
Die Ubiquisten Picea abies und Acer pseudoplatanus zeichnen sich durch flache Präferenzprofile aus, d. h. sie sind über den gesamten Lichtgradienten m. o. w. gleichmäßig anzutreffen. Dabei steht Acer pseudoplatanus der Fagus-Gruppe etwas näher als Picea.
Das Artenpaar Sorbus aria und Alnus incana präferiert mL-Werte von 5 bis 6. Davon abweichend liegt bei den Nadelbäumen der Larix decidua-Gruppe die höchste Präferenz bei mL = 6 in dieser Gruppe tendiert Taxus baccata am ehesten zu den mäßig schattentoleranten Laubbäumen.
Das Präferenzprofil von Sorbus aucuparia hebt sich gegen alle übrigen durch den auffallenden Unterschied im Verhalten der Art in der Baumschicht und im Unterwuchs ab.
Abb. 3: Präferenzprofile für Licht der Baumarten; offene Kreise/gestrichelte Linie: Baumschicht, schwarze Kreise/ durchgezogen: Verjüngung; farbige Linien umrahmen die Cluster (vgl. Abb. 2).
Fig. 3: Preference profiles for light of the tree species; open circles/dashed lines: tree layer, solid circles/solid lines: understorey; coloured lines contain clusters (see Fig. 2).
Tab. 1: Baumarten in der Datenbank BERGWALD; Zeigerwert für Licht nach Ellenberg (2001); absolute und prozentuale Stetigkeiten in der Datenbank für die Baumart insgesamt, sowie getrennt nach Baumschicht und Unterwuchs; horizontale Linien trennen die in der Clusteranalyse gefundenen Baumartengruppen (Abb. 2).
Tab. 1: Tree species in the databank BERGWALD; indicator value for light (Ellenberg 2001); absolute and percentage constancy in the database for the species total, as well as tree layer and understorey occurrences; horizontal lines delimitate the tree species groups found by cluster analysis (Fig. 2).
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Diskussion
Bei der Interpretation der Häufigkeitsverteilung der Licht-Zeigerwerte in der Datenbank BERGWALD ist zu beachten, dass es sich um eine Sammlung aller verfügbaren (d. h. in vollständigen Tabellen publizierten oder in unveröffentlichten Abschlussarbeiten und Forschungsberichten auffindbaren) Vegetationsaufnahmen aus Wäldern und Gebüschen (z. B. Michiels 1992, Frankl 2001), einschließlich Initialstadien derselben in Primär- und Sekundärsukzessionen (z. B. Hölzel 1990), handelt. Pflanzengemeinschaften des Offenlandes wurden nur in geringem Umfang dort miterfasst, wo sie bei der Bearbeitung von Gehölzgesellschaften mit erhoben und in Vegetationstabellen mit denselben ausgewertet worden waren (z. B. Storch 1983, Ewald 1996). In dieser Analyse der Lichtökologie bleibt daher zwangsläufig die Verjüngung der Baumarten in Rasen der alpinen Stufe, im Intensivgrünland oder in anthropogener Ruderalvegetation unberücksichtigt.
Selbst für die Wälder des Bezugsgebiets ist die Verteilung der mL-Werte nicht unbedingt repräsentativ, da die unterschiedlichen Regionen und Waldtypen nicht proportional zu ihrer Häufigkeit, sondern allein nach Datenverfügbarkeit vertreten sind. Allerdings kann man angesichts des großen Datenumfangs, der mehrere große Teildatensätze mit in systematischen Rastern erhobenen Aufnahmen (Michiels 1992, Ewald 1997, 2005) enthält, davon ausgehen, dass die gesamte Spannweite der Licht-verfügbarkeit in Gehölzbeständen des Naturraums abgedeckt wird.
Bereits bezüglich der Stetigkeitsdifferenz zwischen Baumschicht und Unterwuchs bilden die Koniferen eine erstaunlich klar von den Laubbäumen geschiedene Gruppe: Fast alle Nadelbäume sind in der Baumschicht deutlich steter als in der Verjüngung anzutreffen. In großen Teilen der Bayerischen Alpen dominieren Fichten- und in geringerem Umfang Lärchen- und Kiefernbestände weithin auch an Standorten, die von Natur aus laubbaum- und tannenreiche Bergmischwälder tragen würden. So kann man die Diskrepanz zwischen Baumschicht und Unterwuchs als Beleg für die Tendenz der Laubbäume, aber auch der schattentoleranten Nadelbäume Abies und Taxus deuten, sich ihren Platz in den anthropogen veränderten Wäldern zurückzuerobern. Die Fähigkeit der Nadelbäume, sich in der Vergangenheit trotz geringeren Verjüngungspotentials in den Baumbeständen durchzusetzen, ist durch selektiven Schlalenwildverbiss erklärbar (Meister 1969, Burschel et al. 1985). Bedenkt man, dass Stetigkeiten lediglich etwas über die Frequenz, wenig über Populationsdichten und nichts über Wuchshöhen aussagen, so ist es durchaus denkbar, dass die Nadelbäume bei anhaltendem Wildverbiss trotz geringer Stetigkeit in der Verjüngungsschicht auch in Zukunft hohe Anteile in den aufwachsenden Baumbeständen erobern werden. Erst wo der Verbiss durch Zäunung oder intensive Bejagung über mehrere Jahrzehnte reduziert wird, setzt sich das Verjüngungspotential von Laubbäumen und Abies (Liss 1990), örtlich sogar das von Taxus (Ammer 1996) durch.
Die Clusteranalyse auf Grundlage der Präferenzprofile von Baumschicht und Unterwuchs ordnet die Baumarten Gruppen zu, die in groben Zügen gängigen Einschätzungen entsprechen: So bilden Fagus und Abies als Schatt- (Abb.4), Picea und Acer als Halbschatt- sowie Pinus, Juniperus und Salix eleagnos als Licht- und Pionierbaumarten (Abb.5) bekannte Gruppen.
Abb. 4: Typischer Fagus-Abies-Picea-Schlusswald auf Ramsaudolomit bei Oberjettenberg, Landkreis Brechtesgadener Land; neben den Hauptbaumarten verjüngen sich Acer pseudoplatanus, Ulmus glabra und Fraxinus excelsior reichlich, können sich aber nur bei geringem Wildverbiss in die Baumschicht einwachsen; Foto: J. Ewald.
Fig. 4: Climax forest of Fagus, Abies and Picea on dolomite near Oberjettenberg, Berchtesgadener Land; beside the dominants Acer pseudoplatanus, Ulmus glabra and Fraxinus excelsior regenerate regularly, but will only become trees under low browsing pressure; photo: J. Ewald.
Abb. 5: Salix eleagnos-Gebüsche mit Verjüngung von Pinus rotundata im Hochwasserbett der Isar zwischen Vorderriss und Wallgau (Landkreis Bad Tölz); durch geomorphologische Störungsereignisse initiierte Primärsukzessionen schaffen Lebensraum für Pionierbaumarten; Foto: J. Ewald.
Abb. 5: Salix eleagnos-scrub with Pinus rotundata regeneration in the bed of the braided river Isar between Vorderriss and Wallgau (Bad Tölz district); primary succession initiated by geomorphological disturbance creates habitat for pioneer tree species; photo: J. Ewald.
Der überraschende Anschluss von Fraxinus und Ulmus bei den Schattbäumen hängt wahrscheinlich mit der Häufung dieser Baumarten in Tieflagen, wo die Wälder dichter als nahe der Waldgrenze sind (Abb.4), und an stark abgeschatteten, nicht selten schluchtartigen Hängen zusammen. Sorbus aria und Alnus incana sind zwar nicht allzu oft vergesellschaftet, aber sie besiedeln ein ähnliches Spektrum an halboffenen Mischwäldern, in deren fortgeschrittenen Entwicklungsstadien sie der Konkurrenz schattenspendender Baumarten ausgesetzt sind.
Mit den Ellenberg-Lichtzeigerwerten als der einzigen konsistenten Klassifikation der Schattentoleranz der betreffenden Baumarten sind nur die Präferenzprofile des Unterwuchses vergleichbar, weil die L-Zahlen von Bäumen explizit nur das Verhalten desselben beschreiben (Ellenberg et al. 2001). Entsprechend werden mittlere L-Zahlen von Wäldern stets nur für den Unterwuchs berechnet. Größere Diskrepanzen zu Ellenbergs Lichtzahl bestehen bei der Zuordnung von Pinus cembra und Taxus baccata in die selbe Gruppe wie Larix decidua. Die Lichtzahl entspricht dabei gängigen Einschätzungen: Im hochsubalpinen Lärchen-Zirbenwald (Abb. 6) gilt Pinus cembra als Schlusswaldbaumart, Larix decidua als durch Schwendung und Weide begünstigter Pionier (Seibert in Oberdorfer 1992). Dem gegenüber belegen die Vegetationsaufnahmen, dass Larix viel weiter in den montanen Schlusswald vordringt, während Pinus cembra auf die parkartige Waldgrenze beschränkt bleibt. Taxus baccata ist für den dichten Schattenwurf ihrer Kronen wie für den geringen Lichtbedarf ihrer Verjüngung gleichermaßen bekannt. Dessen ungeachtet konzentrieren sich ihre rezenten Vorkommen in den Bayerischen Alpen wie anderswo eindeutig an Extremstandorten und in frühen Waldentwicklungsstadien (Moor 1952, Fischer 2000). Die Überlegung, Taxus sei dort bevorzugt der forstlichen Nutzung entgangen, ist zwar plausibel, jedoch gibt es kaum Belege für eine größere Rolle in den Schlusswäldern der Nacheiszeit.
Abb. 6: Hochsubalpiner Larix-Pinus cembra-Wald mit Pinus mugo und Sorbus aucuparia auf der Reiter Alm (Landkreis Berchtesgadener Land); die Waldgrenze bietet Lebensraum für Licht- und Halbschattbaumarten und fungiert als Diasporenquelle von Sorbus aucuparia; Foto: J. Ewald.
Fig. 6: High subalpine Larix-Pinus cembra-forest with Pinus mugo and Sorbus aucuparia at Reiter Alm (Berchtesgadener Land district); timberline is a habitat for shade intolerant tree species and a source of Sorbus aucuparia diaspores; photo: J. Ewald.
Am stärksten widersprechen die Präferenzen von Sorbus aucuparia im Bergwald der verbreiteten Einschätzung als typische Pionier- und Lichtbaumart (z. B. Hecker 1995). Die Sonderstellung dieser Baumart besteht einerseits in ihrer nur von Picea und Acer pseudoplatanus übertroffenen Stetigkeit in der Verjüngungsschicht. Andererseits ist sie die einzige Baumart, bei der die Präferenz der Verjüngung in dunkleren Beständen liegt als die der Baumschicht. Hohes Ausbreitungsvermögen (Endozoochorie), die Fähigkeit der Sämlinge, relativ lange im Dunkeln auszuharren und ein hoher Lichtanspruch für das Einwachsen in die Baumschicht bilden eine eigentümliche populationsbiologische Strategie, die für die Erneuerung von Gebirgswäldern von besonderer Bedeutung ist. Die Vorausverjüngung von Sorbus aucuparia bildet eine Sämlingsbank, die nach Störungen unverzüglich und unabhängig von den Zufällen des Samenanflugs die Bildung eines Vorwaldes einleitet. Die vorwüchsigen Exemplare unterliegen jedoch schon bald der Konkurrenz nachdrängender Schlusswaldbäume, so dass baumförmige Vogelbeeren außerhalb der subalpinen Stufe Seltenheitswert haben. Im Hochgebirge sorgen baumförmige Sorbus-Populationen an der Waldgrenze (Abb. 6) und an felsigen Sonderstandorten für einen ständigen Diasporenfluss. In den Bayerischen Alpen ist Ellenbergs Lichtzahl von 6 gerade für die Verjüngung eindeutig zu hoch. Sehr interessant und an Hand von Vegetationsdatenbanken nachprüfbar ist die Frage, ob Sorbus aucuparia auch im Hügel- und Tiefland diese lichtökologische Sonderstellung einnimmt.
Die hier vorgestellte Auswertung zeigt das Potential großer pflanzensoziologischer Datenbanken für die differenzierte Erforschung der ökologischen Nische von Pflanzenarten (Lawesson & Oksanen 2002). Der Vorteil liegt dabei in der Breite des Datenmaterials, welches das Verhalten im Freiland relativ vollständig abbildet. Durch konsequentes Sammeln des vorhandenen Datenmaterials und seine statistische Auswertung gelangt man über subjektive Einschätzungen aus waldbaulicher oder naturkundlicher Erfahrung hinaus. Allerdings setzen die ungenaue Erfassung der Eigenschaften von Individuen und Populationen einerseits, sowie die indirekte Erfassung der Umweltbedingungen andererseits funktionalen Interpretationen Grenzen. Von einer auf biologischen Merkmalen gegründeten Einteilung der Baumarten ist die Wissenschaft immer noch erstaunlich weit entfernt, obwohl sie nicht zuletzt angesichts des Klimawandels von großer praktischer Bedeutung wäre (vgl. Rennenberg et al. 2004, Ammer et al. 2005). Auswertungen wie die hier vorgestellte generieren Hypothesen, welche durch überlegt geplante ökophysiologische und populationsbiologische Messungen geprüft und präzisiert werden sollten.
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Danksagung
Die hier vorgestellte Auswertung beruht auf der Arbeit mehrerer Generationen von Vegetationskundlern. Viele von ihnen haben bereitwillig die digitale Bereitstellung ihrer, z. T. unpublizierten Aufnahmen unterstützt, wofür ihnen der Autor dankt.
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